Das “Schlössle” – Erinnerungen an eine Institution

Pater, peccavi – ich habe gesündigt….ja, ich gebe es zu: Ich bin fremdgegangen -seit annähernd 50 Jahren zum ersten Mal zum Skilaufen für ein paar Tage ins Kleine Walsertal– nicht wegen einer eventuellen sportlichen Herausforderung geschweige denn wegen eines altersbedingten Leistungsabbaus, sondern einfach  der Familie und vor allem den knapp zweijährigen Zwilllingsenkeln zuliebe – ein wenig geruhsamer als im betriebsamen Lech schien uns da durchaus angebracht . Aber schon nach den ersten Schwüngen war die Erinnerung an die vertraute Arlberg-Umgebung wieder gegenwärtig – und zwar auf eine beinahe schmerzliche Art und Weise…..

Wir waren den knapp zweijährigen Zwilingen zuliebe im Alphotel untergebracht – einem optimal auf die Bedürfnisse von Eltern mit Kleinkindern ausgerichteten sehr angenehmen und komfortablen Hotel am Ortsrand von Hirschegg, und ich hatte –während die Zwillinge ihren Mittagsschlaf hielten- sofort den hinterm Haus gelegenen Skilifte zum Einstieg ins Heuberg-Gelände entdeckt.

Und schon nach knapp 300 Metern bergauf war sie da – die Erinnerung an eines der ältesten und traditionsreichsten Symbole des zünftigen traditionellen Skilaufs in Lech und Oberlech. den Gasthof „Schlössle“, der am oberen Ende des Oberlecher „Übungsliftes“ seit Menschengedenken zu Übernachtung oder Speis und Trank eingeladen hatte.

Ausgelöst durch einen Gasthof mit eben diesem Namen

 

direkt neben dem Hirschegger Schlössle-Schlepplift tauchte plötzlich die Erinnerung auf ans Oberlecher „Schlössle“ – an jene unvergessene Endstation zahlloser Skikurse, an Klodeckel-große panierte Schnitzel und Unmengen an Bier, Jagatee und Glühwein, …..sei es bei Sonnenschein auf der geräumigen Terrasse oder bei Schneetreiben in der gemütlichen rustikalen Gaststube und bewirtet von zwei sympathischen dunkelhäutigen Kellnern (dem Vernehmen nach aus Ägypten stammend)

Das “Schlössle“ war eben eine Institution, und Institutionen kann man bekanntlich nicht aus dem Boden stampfen – sie sind einfach da …

 

Nichts ist von Dauer, und doch erfüllt es viele Stammgäste aus heutiger Sicht wahrscheinlich  mit ein bißchen Wehmut, dass hier in den vergangenen Jahren ein weiterer Schritt weg von der dörflichen Atmosphäre vollzogen wurde– entgegen allen politischen Bekundungen, nach denen „….Lech Dorf bleiben…“ soll.

Auf den ersten Blick scheint Ludwig Muxel (ÖVP)– seit weit über 20 Jahren Bürgermeister der Gemeinde- in der Tat alles daran zu setzen, sein Dorf vor Immobilienspekulanten zu schützen.

Spezielle Wohnsitzkommissare sollen beispielsweise kontrollieren, ob gemeldete Hauptwohnsitze oder Büros tatsächlich als solche dauerhaft genutzt werden – oder ob sie nur verkappte Ferienwohnungen sind.

Ex-Metro-Chef Eckhard Cordes etwa musste laut Spiegel (52/2014) daraufhin im Jahr 2013 eine Strafe von 20 000 € zahlen, nachdem er „angemietete Gewerberäume als Ferienräume genutzt“ hatte.

Dem „Schlössle“ hat dies alles nicht geholfen.
Mag es auch einen Investitionsstau oder andere wirtschaftliche Probleme gegeben haben, die nach Erneuerung riefen – das Entsetzen unter Einheimischen und Stammgästen war groß, als offenbar wurde, was sich da im Hintergrund anbahnte. Im ORF/Landesstudio Vorarlberg wurde am 27.1.2011 landesweit berichtet, dass der Berggasthof Schlössle in Oberlech zum Verkauf stehe, und im Spiegel (52/2014) wurde Ende 2014 ausführlich über die zahlreichen in der Vergangenheit praktizierten Ausnahmeregelungen bei der „Ansiedelungspolitik“ der Lecher Gemeindeverwaltung berichtet. Man ahnte offenbar, was kommen würde….

https://www.signa.at/de/real-estate/chalet-n-lech/

Dass die Abwehr von Immobilienspekulation und Scheinwohnsitzen nicht so recht gelingen will, ist nicht zuletzt dem schwammigen Vorarlberger Raumplanungsgesetz zu verdanken, welches “besonders berücksichtigungswürdige Umstände” nennt, die der Gemeinde die Möglichkeit geben,  “ausnahmsweise” Wohnraum in Ferienwohnungen zu verwandeln.

Die Gemeinde – das war in Lech nicht etwa der gewählte 15-köpfige Gemeinderat, sondern der Gemeindevorstand – ein verschwiegener vierköpfiger Kreis von Eingeweihten um den Bürgermeister. Und was besonders berücksichtigungswürdig ist – wer will das allgemeingültig entscheiden…

Unter Verzicht auf ein denkbares gemeindliches Vorkaufsrecht und etwaige rechtliche Einwendungen („Ausjudizieren“) –die Rede ist von einem Abgeltungsbetrag („Schweigegeld“) von 500 000 € – wurde das „Schlössle“ jedenfalls an den Tiroler Immobilien–Investor René Benko verkauft –die Rede ist von 8,5 Mio Euro als Kaufpreis!

Was dann folgte, ist bekannt und weithin sichtbar:
Wo einst das „Schlössle“ gestanden hatte, steht heute das monumentale „Chalet N“ –auf dem Papier ein exklusives Hotel, das aber nicht nur unter Preisaspekten allenfalls einem kleinen Kreis von Insidern zugänglich sein dürfte und nach Auskunft von Einheimischen wohl meistens leer steht. Man bleibt eben gern unter sich….

https://kurier.at/chronik/oesterreich/chalet-n-in-lech-ein-unmoralisches-angebot/125.841.845

Dass die Vergabepraxis bezüglich der begehrten Ferienwohnungen in Lech nach wie vor ein Zankapfel ist , bestätigte im Frühjahr 2015 unter anderem der angekündigte Rücktritt von 9 der 15 gewählten Gemeindevertreter, die –ausgelöst durch das Thema „Ferienwohnung für Sebastian Vettel“- einen Vertrauensverlust gegenüber dem Bürgermeister beklagten.

Wer die pikanten Details gerade dieses Vorgangs betrachtet (für die interessanten Einzelheiten ist hier nicht der Ort!), wird den Beteiligten zumindest eine beachtliche Kreativität im Umgang mit offiziellen Regeln und Vorschriften nicht bestreiten können….was nicht verhindern konnte, dass selbst die Strafverfolgungsbehörden sich –wenn auch offenbar ergebnislos- mit dem Thema befassten.

„In Lech gibt es eben Gleiche und Gleichere“ war an anderer Stelle zu hören, und ein wenig Resignation schwingt in diesen Worten mit.

Was auch nach dem Verkauf und Abriss des „Schlössle“ unveräusserlich bleibt, ist eine märchenhaft schöne Landschaft und ein Skigebiet, das seinesgleichen sucht –und das können auch kleine Mauscheleien um Grundstücke und Privilegien nicht so ohne Weiteres zerstören. Wir wollen skifahren und nicht im Schnee die Welt verbessern…dafür ist später und an anderer Stelle genug Grund und Zeit!

Daher Skiheil – derzeit aus dem Kleinen Walsertal und demnächst wieder aus Lech!

Euer Ekkehard „Ekki“ Bechler

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