Der Arlberg und seine Lifte -Erinnerungen und Legenden (Teil 2)

Es ist wie immer…wenn ich erst einmal angefangen hab, mich für etwas zu interessieren, dann geht`s immer tiefer in die Recherchen…..konkret: wo war denn nun wirklich, der erste Lift –oder besser gesagt: die erste „mechanische Aufstiegshilfe“ in der Arlberg-Region? Das hängt sicher ein wenig davon ab, wie umfassend man den „Arlberg“ definiert. St.Anton, Lech , Stuben, Warth…das sind Ortsnamen, die weltweit mit dem Begriff „Arlberg“ verbunden werden, und auch die Entwicklung der „mechanischen Aufstiegshilfen“ wird in der Regel mit dem Arlberg im oben genannten Sinne verbunden. Der einstige Zürser Schlepplift beim Hotel Flexen ist hierfür geradezu ein Symbol für das Entstehen des Alberger Skizirkus…..ich geb zu: mir ging das auch lange Zeit so!

Meine Kontakt zu einigen Arlberg-Insidern haben mich da aber eines besseren belehrt! Hier einige Details:

Wer ein wenig intensiver mit dem Entstehung des alpinen Skilaufs vertraut ist, dem ist der Name Hannes Schneider zweifellos ein Begriff, und es ist nur ein kleiner Schritt zurück in die Arlberg.-Geschichte, bis ein weiterer Name auftaucht: Viktor Sohm – sein eigentlicher Mentor, der die Entwicklung des Hannes Schneider und seines skiläuferischen Engagements maßgeblich prägen sollte. Und da entdeckt man dann, dass nicht nur der „Arlberg-Stil“, sondern auch die begleitende Entwicklung der „mechanischen Aufstiegshilfen“ genau genommen nicht im Herzen des Arlbergs, sondern eher an seinem Rand ihren historischen Ausgangspunkt genommen haben. Im „Bödele“ –einem Landesteil, der als Skigebiet eher den Einheimischen und als landschaftlich durchaus reizvolle Ferienregion den durchreisenden Sommergästen geläufig ist, hatte Viktor Sohm die Begeisterung des jungen Hannes Schneider fürs Skifahren geweckt und genau hier war dann auch bald darauf der „Schlittenlift“ entstanden. Als “Motoraufzug zur Lank-Sprungschanze” ist er in die Annalen des Skisports eingegangen

Schon seit 1899 hatte der Dornbirner Schipionier Viktor Sohm zusammen mit seinen Freunden Schitouren auf dem Bödele unternommen und 1904 gab es das erste Skispringen auf noch einfachen Sprunghügeln am Bödele. Heute ist die Lankschanze eine von der FIS homologierte Sprungschanze mit einer Konstruktionsweite von 83 Metern.

1907 wurde der erste Schilift Mitteleuropas am Bödele in Betrieb genommen. Freilich war diese Konstruktion nicht mit einer modernen Aufstiegshilfe von heute zu vergleichen . Es handelte sich vielmehr um eine Art Schlitten, der über ein Seil von einem Motor den Berg hinaufgezogen wurde.Der Schlittenlift wurde an einem 70 m langen Hanfseil befestigt, dass von einem 4,5 PS Fahrzeugmotor gezogen wurde. Die Skispringer konnten auf zwei Bänken sitzend mitfahren. Die Förderleistung war ca. 40 Springer pro Stunde!!

Konstruiert hatten  die Anlage die Dornbirner Ingenieure Hugo Rhomberg und Alfred Rüsch

Aufgrund dieser frühen Entwicklung kann das “Bödele” durchaus zusammen mit dem heutigen “Arlberg” zur Wiege des Schisports in den Alpen bezeichnet werden, auch wenn schon wenig später der erste Schilift der Ostalpen im Jahr 1935 auf der Tauplitzalm in der Steiermark errichtet wurde. In seiner Konstruktionsweise ähnelte er  dem 1907 im Vorarlberger Bördele errichteten Lift – es handelte sich um einen großen Bügel, an welchem mehrere Schifahrer gleichzeitig mittels Seilwinde hinaufgezogen wurden. Ein sogenannter „Stanglfahrer“ brachte den Bügel anschließend wieder ins Tal.

Der Schlittenlift im “Bödele”  blieb übrigens nicht der Einzige seiner Art. Ähnliche Anlagen waren in der Schweiz ab den 1930er Jahren in Betrieb. Sie waren unter dem Namen Funi-Schlitten (von frz. funiculaire) bekannt: Zwei lenkbare Schlitten auf Kufen fuhren wie eine Standseilbahn auf einer Schleppliftt-ähnlichen Trasse am Boden auf Schnee gegenläufig hinauf und hinunter. Wie bei einer Standseilbahn stehen bergab fahrende leere Fahrzeuge mit bergauffahrenden leeren Fahrzeugen annähernd im Gleichgewicht. Der Antrieb des Schleppseiles, das beim Bergabfahren als Rückhalteseil wirkt, erfolgt in der Regel durch einen Elektromotor und nicht wie am Bödele durch einen Verbrennungsmotor. Die Schlitten, die jeweils durch einen Führer gelenkt werden, waren mit verschiedenen Brems- und Sicherheitsvorrichtungen ausgestattet und boten bis zu 50 Passagieren Platz. Sie brauchten weder Gleise noch Seilstützen und konnten daher kostengünstig errichtet werden, wenn auch der Betrieb  personalintensiver war als der Betrieb eines Schleppliftes. Die Zugseile wurden normalerweise im Frühling eingerollt.

Und ein Blick hinüber ins benachbarte Deutschland zeigt dann schließlich, dass man auch dort nicht untätig war: Der erste Skilift wurde in  bei Eisenbach im Hochschwarzwald vom Gastwirt Robert Winterharter gebaut und am 14. Februar 1908 in Betrieb genommen. Er war 280 Meter lang und überwand eine Höhe von 32 Metern. Betrieben wurde er mit Wasserkraft über ein Mühlrad!!  Die Fahrgäste hielten sich während der Fahrt mittels speziell geformter Zangen am einem Zugseil fest.

Dieser kleine Überblick über die zu Beginn des 20. Jahrhunderts überall entstehenden “mechanischen Aufstiegshilfen”  mag von den  vielen Versuchen zeugen,  die weniger “aufregende” Seite des Skifahrens etwas “sozialverträglicher” zu machen; sie haben zur Popularität des Skisports einen entscheidenden Beitrag geleistet.Übersehen sollten wir aber nicht, dass bis heute  für manch einen “der Weg das Ziel ist” und der schönste Genuss  eine Abfahrt durch unberührten Schnee ist, die man sich mehr oder weniger hart erarbeitet hat.

Dank gebührt jedenfalls allen, die vorausschauend mit Fleiss und Ideen diese Entwicklung in Gang gesetzt haben und bis heute nicht aufgehört haben, das Skifahren zu einem Volkssport zu machen – nicht nur am Arlberg …einem der schönsten Skigebiete der Welt!

 

Bis bald

 

Ekki Bechler

im Mai 2017

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