Erinnerungen an einen Arlberg-Freund: as time goes by

Grüß Gott liebe Freunde der Arlberger Skipisten!

In meinem ersten Beitrag zu diesem Blog habe ich festgestellt, dass annähernd 50 Jahre in Lech und Zürs Spuren hinterlassen haben -nicht nur im Schnee!
In diesen Tagen habe ich auf unerwartete (und traurige) Weise festgestellt, wie tief und weitreichend diese Spuren sein können.

Seit unseren ersten Tagen im „Astoria“in Oberlech -es muss wohl 1985 gewesen sein-gab es langjährige Gäste des Hauses, die -ähnlich wie wir-jedes Jahr um dieselbe Zeit im selben Zimmer wohnten, am selben Tisch saßen, dieselben Getränke bevorzugten und im Verlauf des Tages dieselben, uns inzwischen vertrauten Gewohnheiten an den Tag legten („ein Stück Kuchen nach dem Abendessen mit aufs Zimmer für den  Hunger kurz nach Mitternacht – Kalorien? Was ist das?“).

 Erik und Grete –die beiden Ur-Wiener- hatten schon lange vor unserer Zeit zu Stammgästen des früheren Astoria-Vorgängers „Almfrieden“ gehört, und es war über die Jahre hinweg auch zu uns ein fröhlich-freundschaftliches Verhältnis erwachsen – mit ein paar Emails und Telefonaten zum Geburtstag und Hinweisen auf die kommende Terminplanung, aber mehr eigentlich nicht.

Oder vielleicht doch?

Sie war eine echte Wienerin: Nach außen hin zuweilen grantig und bissig, in ihrem Inneren aber herzensgut und liebenswürdig. Ihre Antwort auf die morgendliche Frage nach ihrem Befinden lautet jedesmal in ihrem heimatlichen Dialekt „Schlääächt“ , gefolgt von Eriks unerschütterlichem „die Sonne geht auf“, wenn sie wie immer 5 Minuten nach ihm zum Frühstück erschien!

Danach war sie dann für den Rest des Tages humorvoll, gütig und witzig!

So passte den auch der Name, den wir ihr in den gemeinsamen Jahren des „Astoria“ gewidmet hatten. „Schwester Rabiata“ –entstanden anlässlich einer resoluten und energischen Tagesbetreuung für unsere beim Frühstück leicht kränkelnde und missgelaunte Tochter, auf dass wir Eltern dennoch einen ungestörten Skitag genießen konnten. Angeblich soll ein wohldosierter „Tee mit Rum“ um die Mittagszeit zur endgültigen Ruhigstellung und zum Tiefschlaf der etwa 10-jährigen Patientin geführt haben.

Skifahren war sowieso nicht mehr Gretes Ding nach einem schweren unverschuldeten Skiunfall lange vor unserer gemeinsamen Zeit – aber das hatte dem jährlichen Arlberg-Urlaub nicht im Wege gestanden.

Als sie diese Welt in der Mitte dieses Jahres hoch in den 80ern verlassen hat, war wohlverdiente Ruhe der zentrale Gedanke, der unsere Erinnerung prägte.

Aber dann kam bald die Sorge um Erik – die zweite Hälfte des unzertrennlichen Duos! Wie würde er wohl den Verlust verkraften?

Auch er hatte vom Skifahren schon vor einigen Jahren Abstand genommen, was aber seinem Interesse für unsere täglichen Pisten-Berichte nicht entgegenstand. Doch mehr als einen Rundgang durch Oberlech mochte er sich nicht mehr antun……

Ein gemeinsames Interesse für alte Jazz-Aufnahmen hatte bei mir schon vor langer Zeit Bewunderung für seine weit über 6000 Scheiben umfassenden Sammlung ausgelöst und manchen Gesprächsstoff geliefert. Seine Kompetenz auf diesem Gebiet war unübertrefflich .

Meine beiläufige Erwähnung einer verlorenen Vinyl-Scheibe aus den 50er Jahren –ich erinnere mich : La Rosita von Ben Webster und Coleman Hawkins- hatte beispielsweise schon kurz nach meiner Rückkehr nach Hamburg eine Email mit der ensprechenden MP3 zur Folge gehabt und Ersatz für meine verlorene Vinylscheibe geliefert. (Ich weiss: MP3 kann für Musikliebhaber eine Vinyl nicht wirklich ersetzen! Aber immerhin…) Wann immer ich heute La Rosita höre, muss ich an Erik denken….

Als Tochter Doris jetzt per Mail von einem dramatisch klingenden Kliniksaufenthalt berichtet, ahnten wir nichts Gutes – der Abschied schien gekommen.

Anfang November war sein  Lebensweg dann zu Ende  – die Erinnerung dauert an,

So here`s Mahalia`s gospel dedicated to Erik and Grete….

Mein letzter Wunsch an ihn: Grüß  Grete von uns!

As time goes by
You must remember this
A kiss is just a kiss, a sigh is just a sigh.
The fundamental things apply
As time goes bye
(from “Casablanca”)

Auch dieses –wenngleich traurige- Erlebnis hat mir (und meiner ganzen Familie) auf ungewöhnliche Weise gezeigt, wie tief verwurzelt die gemeinsame Zeit am Alrberg bei uns allen ist –auch wenn die Pisten von Lake Louise nicht weniger reizvoll erscheinen.

Irgendwie mehr als nur ein Urlaubsort…und ich kenne einige, denen es auch so geht!

Ekki

 

 

 

 

 

3 Gedanken zu „Erinnerungen an einen Arlberg-Freund: as time goes by

  • 13. November 2017 um 17:09
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    Jetzt kann ich wirklich nicht mehr krank werden – wer macht mir denn den Rum in den Tee 🙁

    Antwort
  • 14. November 2017 um 15:17
    Permalink

    Wer denkt so oft an diese gemeinsamen Stunden im Astoria – wie beschrieben mit denselben
    langjährigen Gästen in feucht-fröhlicher Runde? Abschied nehmen von beiden Stammgästen (Wien und Hamburg)
    Abschied nehmen von lieben Pistenprofis – da muß doch ein Mitternachtskuchen Ausgleich
    geben!

    Antwort
  • 15. November 2017 um 13:51
    Permalink

    Auch ich bin traurig wegen des Heimganges von Erik, war einer meiner Freunde und nicht nur ein Gast.

    Antwort

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