Walzen und kein Ende….

Liebe Freunde und Leser meines Arlberg-Blogs

Mein letzter Beitrag zum Blog ist viel länger her, als ich es ursprünglich wollte – sorry! Aber es gibt eben -gerade um die Jahreswende- immer einige Dinge, die jedes Jahr völlig unverhofft und plötzlich kommen und Zeit kosten – Weihnachten zum Beispiel!

Zuletzt habe ich von „unserem Hämmerle“ erzählt – jenem kleinen Pistenfahrzeug, dass für meine Kinder (und für uns Eltern) ein Symbol war – ein Symbol dafür , dass wir wieder einmal angekommen waren –dort, wo wir uns seit vielen Jahren „sauwohl“ fühlten und jedes Jahr aufs Neue den Lecher Schnee geniessen wollten.

Viel Neues habe ich inzwischen gehört und gelernt über die technische Seite der Pistenpflege – und dabei auch über Dinge, über die der normale (und sei es auch: langjährige) Arlberg-Gast nur selten nachdenkt:

Wem gehören eigentlich die vielen –meist roten- Kriechtiere auf den Hängen und Pisten? Was kosten sie und wer finanziert ihren Betrieb?

Diese Fragen kamen mir immer häufiger in den Sinn, je länger ich mich damit beschäftigte und je mehr sich freundliche Insider bereit fanden, mich hinter die Kulissen blicken zu lassen…

Nach meinem Einstieg in das Thema kamen unter anderem Informationen von berufener Seite: Michael „Michi“ Manhart, der als Drahtzieher eigentlich in fast allen Arlberger Seilbahnen entweder rechtlich, wirtschaftlich oder zumindest als Ratgeber präsent ist, hat mich ein wenig hinter die Kulissen blicken lassen. Und da wird deutlich, dass die naive Vorstellung, alles sei „irgendwie eine Einheit: die Gemeinden, die Tourismuseinrichtungen und wahrscheinlich auch die Grundeigentümer”  , der komplexen Realität des modernen Wintersportbetriebs nicht annähernd gerecht wird -und das sowohl technisch als auch wirtschaftlich! Und ohne die Pistenwalzen mit ihren beträchtlichen Investitionskosten (..nicht unter 250 – 300 TEUR)  geht da kaum etwas ..

Dass dahinter ein sehr differenziertes Gebilde aus wirtschaftlichen und politischen(!)  Entscheidungsträgern steckt, ahnt selbst der langjährige Arlberg-Fahrer nicht – und ich selbst kann, wie schon an anderer Stelle betont, schwerpunktmäßig nur über Lech/Zürs (und ein wenig über Stuben und Warth) halbwegs kompetent berichten, weil hier meine persönlichen Erfahrungen, aber auch hilfreiche Informanten beheimatet sind……

Das Beispiel der Pistenwalzen liefert exemplarische Hinweise, wenn man frag: Wem gehören diese teuren Dinger eigentlich? Der Gemeinde, den Liftbetreibern (und wenn ja, wer ist das eigentlich!) oder möglicherweise gar externen Investoren oder Leasinghsellschaften?

O-Ton Manhart hierzu im Dezember 2017:

„… unsere Liftgesellschaften haben Pistenmaschinen, derzeit im Wesentlichen von Leitner/Prinoth und Kässbohrer….. Die Skilifte Lech haben derzeit etwa 10 davon mit und ohne aufgesattelte Winde. Lech und Zürs zusammen dürften gemeinsam über etwa 25 bis 30 Maschinen verfügen. Die Skilifte Lech haben nach meiner Erinnerung 1963 als Erste mit der mechanischen Pistenpräparierung mit Ratracs begonnen. Vorher gab es schon händisch gesteuerte Walzen/Rollen. Mein Großvater Sepp Bildstein hat am Langen Zug so eine Walze mit Steuermann von einer Winde am Grat hinunter gelassen und wieder herauf gezogen. Im Übrigen haben Mannschaften und auch Schulkinder (gratis Liftfahrt) die Pisten mit Ski getreten…….Die Pistenmaschinenfahrer werden intern ausgebildet bzw. besuchen Kurse der Hersteller….Die Kosten je Pistenmaschine liegen zwischen EUR 250.000 und EUR 350.000 mit Winde.

Offenbar gibt es also mehrere Liftgesellschaften – was man als skifahrender Gast natürlich kaum bemerkt, seit eine Handvoll vorausschauender Menschen schon vor Jahren (nicht ohne Widerstand!) den gemeinsamen Skipass an die Stelle liftbezogener Punktekarten gesetzt  haben. Einzelheiten dazu werden in den nächsten Wochen ein eigenständiges Thema meines Blogs sein! Leider gib es nur noch wenige Zeitzeugen dieser Entwicklung, aber ich werde sie finden…

Der Nutzen einer gut organisierten Pistenpflege von frühen Morgen bis gegen Mitternacht ist sicherlich keinem von uns in den vergangenen Jahren verborgen geblieben, aber ein  paar Hintergründe sind sicher interessant….!

Wenn die Gäste sich morgens beim Frühstück für den sportlichen Tag stärken, sind wesentliche Teile der Arbeit (auch von den Pistenwalzen!) oft schon getan…normalerweise unauffällig und so weit möglich im Verborgenen, den der Gast will ja Ruhe und Erholung(und zahlt dafür) !

Was da alles zu tun ist, werd ich bald ein wenig näher beleuchten.So viel aber schon an dieser Stelle:
Unvorhergesehenes bleibt beim Betrieb der recht komplizierten, dabei aber mechanisch durchaus robusten und widerstandfähigen Maschinen  naturgemäß nicht aus. Ich erinnere da mich zum Beispiel an ein Ereignis, dessen Augenzeugen meine Frau und ich (und mit uns die damalige Terrassen-Besatzung des Astoria in Oberlech) geworden waren:
direkt unterhalb der Rüfikopf-Gipfelstation lag da am Nachmittag etwas, das nach unserer Erinnerung dort eindeutig nicht hingehörte….. eine Pistenwalze, die da offenbar nach mehreren Rollen seitwärts zum Liegen gekommen war….das Jahr weiss ich nicht mehr genau, aber es muss zu einer Zeit gewesen sein, als die Zufahrt zum Tanneck und zum Langen Zug noch nicht über jene traumhaft schöne Schafalp-Piste erschlossen wurde. Eine nicht ganz so komfortable Schrägfahrt unter der Rüfikopf-Station bildete damals den Einstieg! Und die war der Maschine offenbar zum Verhängnis geworden..

Die Maschine blieb dort bis zum Ende der Saison, und der Maschinist soll es wohl auch heil an Leib und Seele überstanden haben. Unbestätigte Gerüchte sagten, er habe den Arlberg noch in jener Nacht fluchtartig verlassen. Ob das stimmt, weiss ich nicht und ob Schnaps im Spiel war – keiner weiss es so genau…und wahrscheinlich will es heute auch keine mehr so genau wissen. Die Ausnüchterung dürfte inzwischen nach so endlos langer Zeit ja ohnehin abgeschlossen sein..

Der Lange Zug wurde auch in diesen Anfangsjahren jedenfalls schon „gepflegt“ – durchaus zu Beginn auch ohne Pistenwalzen. Heute ist die Windenpräparierung fast schon alltäglich, wenn`s besonders steil wird und der Schnee besonders weich ist: Auf der Pistenwalze befinden sich dann motorgetriebene Seilwinde, deren freies Ende oben am Hang befestigt wird – die Pistenwalze seilt sich dann kontrolliert ab und zieht sich dann nach Art des Lügenbarons Münchhausen „am eigenen Zopf aus dem Sumpf!“

Manhart berichtet hierzu:
Vorher gab es schon händisch gesteuerte Walzen/Rollen. Mein Großvater Sepp Bildstein hat am Langen Zug so eine Walze mit Steuermann von einer Winde am Grat hinunter gelassen und wieder herauf gezogen. Im Übrigen haben Mannschaften und auch Schulkinder (gratis Liftfahrt) die Pisten mit Ski getreten…….

 In der Gegenwart ist der Lange Zug –und zuweilen auch der obere Hang des Zürser Täli – ein typisches Beispiel für die Windenpräparierung, und es sind auch Fälle bekannt, in denen 2 Maschinen sich die Arbeit teilen: Über einer Umlenkrolle  und über eine kräftiges Seil verbunden unterstützt die talwärst fahrende Maschine dann den „Anstieg“ der bergauf fahrenden Maschine….

Es gab im Laufe der Geschichte eine Reihe von Pistenmaschinen-Abstürzen –zum Glück ohne ernsthaft verletzte Piloten. Drei Maschinen wurden allein im Zürser See versenkt. Eine davon wurde später unter Einsatz von Tauchern herausgezogen, eine andere verließ ihren Maschinisten, als der zu Fuß die Stärke des Eises auf dem See testen wollte und beim Blick zurück seine Maschine nicht mehr fand…. Und was die dritte Maschine angeht…..ich kenne einen, der einen kennt, des das eigentlich wissen müsste. Verlasst euch drauf: Ich bleib am Ball.

Pistenwalzen scheinen übrigens einen ganz besonderen ursprünglichen Reiz auf viele Skifans auszuüben – wie sonst ist es zu erklären, dass es inzwischen nicht nur möglich ist, während des Urlaubs ein Zertifikat als Heizer einer Dampflok im Zillertal zu erwerben, sondern auch die Ausbildung auf einer Pistenwalze zu absolvieren!

Interesse? Meldet Euch bei mir….

Zum Thema „Pistenwalzen“ gäbe es noch viel zu sagen – und irgendwann greif ich das Thema sicher mal wieder auf – auch und nicht zuletzt vor dem Hintergrund seiner vielfach falsch eingeschätzten ökologischen Bedeutung.

Zum Schluss: Eine der sympathischsten Varianten der kettengetriebenen Schneefahrzeuge hat mir mein Sohn gerade in Erinnerung gerufen, als er mit Freunden (so wie vor zwei Jahren schon mit uns das) das „Älpele“ in Lech aufgesucht hat: Eine Schneebahn mit einer kettengetriebenden Zugmaschine bringt Gäste ins hintere Zuger Tal zu einem hervorragenden gastronomischen Highlight, welches schon lange vor seiner Entwicklung zum urgemütlichen Abendlokal den langjährigen Lecher Stammgästen als historische „Gedenkstätte“ geläufig war….die Leser meines Blogs werden sich erinnern

Die Beschäftigung mit den Pistenwalzen hat so ganz nebenbei einen wesentlichen Nebeneffekte gehabt: Es wurde deutlich, dass die organisatorische-wirtschaftliche Struktur des Lift- und Touristikbetriebs eine Vielzahl  ungeahnter  Fragen in sich birgt, die manch einen überraschen werden und wahrscheinlich auch für viele Fragen und Probleme  eine geläuterte Sicht nach sich ziehen kann .

Hier möchte ich u.a. in späteren Beiträgen ein wenig Aufklärung leisten und Interesse wecken!

Also  bis demnächst

Ekkehard „Ekki“ Bechler

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